Der Journalist Peter Schwab hat freundlicherweise eine wunderbare Kritik zu unserer Jazz Night verfasst, die leider nicht von den Zeitungen übernommen wurde. Daher kommt sie hier zur Geltung:
Bigband Freiberg streift bei Jazznight die Musikstile Gitarrist Lorenzo Petrocca setzt als Stargast glanzvolle Akzente
Ausverkaufte Schlosskelter, eine bestens aufgelegte Bigband, ein Stargast, dem das Spiel mit den hoch motivierten Amateur-Musikern hörbar Spaß machte sowie ein begeistertes Publikum, was will man mehr von einer Jazznight, die mit lang anhaltendem Applaus nach einem mafiösen Solo endete. Die Bigband Freiberg feierte bei ihrer jüngsten Jazznacht wieder einen großen Erfolg - und sie erreichte nach nun mehr als 35 Jahren ihres Bestehens einen neuen Status in ihrer Geschichte.
Der Erfolg hatte mehrere Gründe. Einer davon war der Stargast des Abends, der Gitarrist Lorenzo Petrocca. Der Saitenvirtuose hatte schon mit so vielen Größen im Jazz-Business zusammengearbeitet, von Hazy Osterwald bis Peter Herbolzheimer. Dieser Name spielte beim Konzert in Freiberg eine wichtige Rolle, wie Dirigent und Conferencier Boris Degen ausführte, denn die Musiker der mittlerweile 26-köpfigen Band fühlten sich mit den Stücken Herbolzheimers ganz wohl. Und so kamen gleich sechs Werke und Arrangements des Bandleaders auf die Setlist, etwa das bekannte „Fatman Boogie“ oder „The Groovemaker“.
Ein bisschen hatte Stargast Petrocca die Band bei den Proben wohl auf die Spuren des Altmeisters gebracht. Aber auch der Gitarrist selbst hatte einige Stücke zu bieten, etwa das „Cromatismi“, das sich Petrocca beim Radfahren ausgedacht hatte. Die rasante und etwas eckige Nummer verweigerte sich dem wohlgefälligen Genuss - und war gerade deshalb so beeindruckend. Übrigens war das nur ein Eckpunkt einer spannenden stilistischen Bandbreite, die von Gershwin und Mancini bis Bobby Hebb reichte, von Swing bis Funk.
Eine ganz eigene Klanggrundierung steuerte Petrocca mit seinen Läufen und Harmonien bei. Als ob es nichts wäre trat er an die Rampe und vollführte aus dem Nichts einige Saiten-Salti, kurvte durch die Harmonien oder tupfte da und dort ein bisschen in rauchigem Moll gehaltene Akkorde und schon war ein ganzes Klanggewebe geknüpft und eine jazzig-melancholische Stimmung erfüllte die alte Schlosskelter. Im kleinen Ensemble, bloß gepaart mit der Rhythmusgruppe, eröffnete Petrocca den zweiten Teil des Abends mit George Bensons „I Remember Wes“ - auch solche Überraschungen machten den Abend zum abwechslungsreichen Unterhaltungsevent. Und egal ob in kleiner oder großer Besetzung, stets spornte der erfahrene Profi „seine“ Musiker um sich herum an. Star-Allüren hatten Hausverbot, Kollegialität war zu sehen, und das ließ sich auch gut hören.
Das kann man auch von Sänger Volker Braunschedel sagen. So kann man es eigentlich kaum glauben, aber der Blues-Brothers-Klassiker „Minnie the Moocher“ stand noch nie auf der Titelliste der Freiberger – obwohl dieser Song Braunschedel wie auf den Leib geschrieben schien. Dabei zeigten die Musiker voller Begeisterung, welches Showtalent in dieser Bigband steckt. Beeindruckend an dieser Band ist übrigens auch, dass die Solistinnen und Solisten nicht nur ihr Instrument beherrschen, sondern selbst zur Feder greifen, arrangieren und komponieren.
So hatte Posaunensolist Paul Bachmann nicht nur mit großer Lust und Lässigkeit seine zahlreichen Soli über die Rampe gebracht, er hatte auch Musik Petroccas für die Freiberger eingerichtet. Gleiches gilt für die Saxophonistin Susanne Bachmann, die sich ihre Soli-Stücke gleich komplett selbst arrangiert - eine echte Vollblutmusikerin! Und Pianist Jörg Cronauer rang der Corona-Zeit wenigstens kompositorisch einen positiven Aspekt ab - seinen Swabian Lockdown, mit dem der gut dreistündige Abend begann.
Geendet hat der Abend mit der persönlichen Annäherung Lorenzo Petroccas an einen Klassiker der Filmgeschichte, der auch musikalisch Geschichte geschrieben hat, der Pate. Ein Solo ganz ohne die Begleitung der Band, intensiv auf ein Griffbrett und ein paar Saiten konzentriert. Petrocca spielte nicht nur das berühmte Motiv, in seinen Variationen erzählte er ein Stück wie einer, dem stets noch etwas Neues einfällt, einer, der seinem gebannt lauschenden Publikum immer wieder ein „Ach übrigens, …“ zuschmunzelt, einer, der einfach noch ein bisschen weiterspielt. Auch das ist Klangrede, ein großartiger Abend!
Damit solche Abende weiterhin das Kulturleben in Freiberg bereichern, hat sich die Bigband neu organisiert. Während der Proben Mitte November gründeten die Mitglieder einen Verein. Gründungsvorsitzender ist Alt-Saxophonist Stephan Retter. Die Band erhofft sich so eine Verstetigung ihrer Arbeit, rechtliche Absicherung sowie bessere Unterstützung - Spenden an den jüngsten kulturellen Verein Freibergs - so hieß es bei der Jazznight mit einem Augenzwinkern - könnten nun von der Steuer abgesetzt werden.